Riskwolf und die Indienexpansion
Sich am Markt zu etablieren, ist für Start-ups keine Trivialität. Es ist die Hauptaufgabe, sobald das erste Produkt fertig ist, damit die Entwicklung mit frischem Geld aus dem eigenen Geschäft fortgeschrieben werden kann. Dabei hilft die Digitalisierung weiter, birgt aber auch neue Herausforderungen. Durch digitale Geschäftsmodelle ist es für Start-ups leicht, ihr Geschäft auf internationale Märkte auszudehnen, weil keine Vertriebs- und Logistikstrukturen wie bei einem klassischen Handelsunternehmen aufgebaut werden müssen. Dennoch bilden lokale Gepflogenheiten, Markteigenheiten und das Fehlen von Netzwerken vor Ort ein Hindernis, das es zu überwinden gilt. Wie die internationale Expansion funktionieren kann, zeigt Riskwolf. Das schweizerische Start-up aus Zürich, das 2021 in unserer Start-up-Session auf dem Messekongress IT für Versicherungen gepitcht hat, hat mit Hilfe der Schweizer Agentur für Innovationsförderung Innosuisse und dem SwissNext-Programm der Eidgenössischen (schweizerischen) Regierung den Sprung in den indischen Markt geschafft. Wir haben mit CEO Thomas Krapf über das Potenzial parametrischer Plattformen und die Expansion nach Indien gesprochen.
NPN: Thomas, was hat sich seit eurem Start-up-Pitch beim MKIT 2021 bei euch getan?
Thomas: „Wir haben eine unglaublich spannende und intensive Zeit hinter uns. Die letzten zwei Jahre haben uns in einem makroökonomischen Umfeld, das nicht gerade von Stabilität geprägt ist, einiges in Sachen Fokus, Resilienz, Disziplin und Umsetzung abverlangt. Persönlich bin ich stolz, dass wir in zwei Jahren ein starkes Team aufgebaut, uns im Markt als parametrischer1 Player positioniert haben und dieses Jahr nun die ersten Früchte ernten können.“
NPN: Welche sind dabei die wesentlichen chronologischen Eckpunkte gewesen?
Thomas: „2021 haben wir viel Bewegung gehabt. Den Anfang würde ich bei unserer Pre-seed Finanzierung verorten, mit der wir unser Team in Europa und Asien, insbesondere Singapur und Indien, erweitern, unsere parametrische Plattform zur Marktreife bringen und als White-Label-Produkt anbieten konnten.
2022 haben wir dann eine große Änderung an der Ausrichtung unserer Plattform vorgenommen und sie um Wetterrisiken beziehungsweise Agriwetter erweitert.
2023 haben wir ein Grant zur Entwicklung einer CloudOutage-Lösung von der Innosuisse erhalten. Dieses gliedert sich in eine Reihe von Wettbewerbsteilnahmen und Förderungen durch die schweizerische Agentur für Innovationsförderung ein, die wissenschaftsbasierte Innovation und Start-ups in der Schweiz fördert. Wir sind außerdem Mitglied im SwissNex-Programm, welches uns ein globales Netzwerk bietet, vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten verwaltet wird und den internationalen Austausch von Wissen, Ideen und Talenten fördern soll.
Solche Förderungen erleichterten uns dann auch den 2023 erfolgten Einstieg in den indischen und australischen Markt, in dem wir auf größeren Bühnen präsent sein konnten und erste signifikante Kontrakte im Wetterbereich beziehungsweise Agriwetterbereich abschließen.“
NPN: Könnt ihr uns sagen, wo ihr heute steht?
Thomas: „Wir sind zurzeit sieben Leute in den Standorten Europa, Indien und Singapur.
Wir haben zwei signifikante parametrische Programme im Bereich Agri in den Märkten Indien sowie Australien/Neuseeland unter Kontrakt, wobei wir lokale Broker und Managed Service Providers mit der parametrischen Riskwolf Engine unterstützen. Zudem sind weitere Kontrakte für das erste Quartal dieses Jahres in der Finalisierung.
Wir planen in den kommenden 18 Monaten den Wetterbereich in den operationellen Break-Even zu bringen sowie im Technologiebereich eine skalierfähige Internet/Cloud-Risiko-Monitoring-Lösung für die Versicherungsindustrie aufzubauen.“
NPN: Was war eure größte Herausforderung bisher und wie habt ihr diese gemeistert?
Thomas: „Wir konnten uns 2023 mit neuen finanziellen Mitteln ausstatten und den Runway bis Mitte 2025 sicherstellen. Dies in einem Finanzierungsumfeld, dass seit dem vierten Quartal 2021 massiv schwieriger wurde und die nächste Zeit schwierig bleibt. Dabei haben uns strikte Kostenkontrolle sowie die schnelle Pivotierung in den Bereich der Wetter-Risiken geholfen.“
NPN: Was war euer erster Gedanke, als ihr gehört habt, dass Swissnex euch bei der Expansion nach Indien helfen wird? Welche Bedeutung hat diese Kooperation für eure Expansionspläne?
Thomas: „Wir haben uns natürlich sehr gefreut! Das SwissNex Programm hat uns gezielt unterstützt, in einem großen und komplexen Markt wie Indien Fuß zu fassen und hat uns die Möglichkeit gegeben, als unbekanntes europäisches Start-up in größeren Audienzen zu präsentieren. Dies ist eine unerlässliche Komponente, um den Markteintritt schneller und effektiver zu gestalten.“
1: Parametrik = Versicherungen, die auf Grundlage der Parametrik arbeiten, nutzen Prognosemodelle, um bereits beim Abschluss der Police eine vorgesehene Entschädigung im Schadensfall festzulegen. Um beispielsweise einen Bauern für Extremwetterereignisse zu entschädigen, sammelt die Versicherung historische Daten über Extremwetterereignisse und kalkuliert, wie hoch der durchschnittliche Schaden durch solche Ereignisse in derselben Region ist und legt die Entschädigung mit Summe X pro Tag mit Extremwetterereignis fest. So meldet der Bauer lediglich, dass der Schaden eingetreten ist, der Versicherer ruft die entsprechenden Wetterdaten ab, um die Meldung zu verifizieren und kann schnell und ohne lange Bewertungsprozesse eine Entschädigung auszahlen.